Ein Monat Rom. Meine Freiheit ausnutzen, einmal länger an einem fremden Ort bleiben und den Alltag dort erleben. Das wollte ich schon lange einmal. Jetzt tu ichs einfach.
Dieses Mal nehme ich das Fahrrad nicht mit nach Italien. Ich bin also total frei in meiner Wahl der Verbindung. Und wähle das günstigste, was ich finde: den Bus.
Per Nachtbus nach Rom.
Flixbus in Italien
Zuerst noch ein Wort zu diesem Bus, dem Flixbus: ein deutsches Unternehmen, das seit 2015 auch Italien bedient. Zu unverschämt günstigen Preisen. Der Konkurrenz wird bange, die italienischen Züge können erst recht nicht mithalten.
Ein Beispiel: Die Strecke Florenz – Rom kostet hin und zurück 71 € mit dem Zug. Und 20 € mit Flixbus. Der Zug ist also mehr als dreimal teurer als der Bus.
Flixbus nimmt sogar teilweise Fahrräder mit. Nicht auf allen Strecken. Du kannst das leicht auf der Plattform abfragen.
Die Busse sind neu, sauber und alle mit kostenlosem WLAN ausgerüstet. Und pünktlich.
Ich habe keine Ahnung, wie es dieses Unternehmen schafft, derart günstige Preise anzubieten.
4 italienische Senatoren haben vor wenigen Tagen einen Entwurf für eine Gesetzesänderung erlassen, die dem Geschäften von Flixbus in Italien den Garaus machen könnte. Flixbus Italien hat angeblich schon einmal eine Reihe von Juristen aufgeboten.
Vorerst fahren sie aber noch, die Busse:
Erster Teil: Zürich – Mailand
Wie soll ich es formulieren? Ja, sehr günstig. 35 Euro von Zürich nach Rom. Und weil ich noch einen Gutschein habe, zahle ich noch 7 Euro.
Das hat seinen Preis, ich ahne es schon im voraus.
Zürich – Mailand ist ja noch einfach. Abfahrt um 15 Uhr, Ankunft in Mailand um 19 Uhr.
Der Fahrer ist mutig, mir wird schon vor dem Gotthard schlecht. Es wundert mich gar nicht, dass der Bus trotz Stau um Como eine halbe Stunde vor fahrplanmässiger Ankunftszeit im Busbahnhof Mailand Lampugnano einfährt.
Zwischenteil: Busbahnhof Mailand Lampugnano
Mailand begrüsst mich wie üblich: hässlich grau, neblig, eiskalt.
Die verfrühte Ankunft kommt mir nicht zwingend entgegen, weil mein Anschlussbus erst um 21.45 Uhr losfährt. Bedeutet 3 Stunden warten.
Jetzt warst du vielleicht noch nie im Busbahnhof Mailand. Und ich wünsche dir, dass du dort nie länger als eine Stunde warten musst.
Die einzige Bar schliesst just in dem Moment, als ich mir meinen ersten italienischen Kaffee gönnen will.
Übrig bleibt ein Warteraum, der immerhin geheizt ist. Weils draussen unerträglich kalt ist, befindet sich in diesem Warteraum alles, was sich in der Gegend so herumtreibt. Als Weisse gehöre ich hier drin zur Minderheit. Die Szene könnte auch in Kinshasa spielen.
Das Gespräch mit Marisa, einer Coiffeuse aus Genua, verkürzt mir das Warten. Ihr Bus geht eine Stunde vor meinem. Der Abschied ist richtig herzlich, wir haben uns bestens verstanden.
Um 21 Uhr schliesst der Wartesaal. Die ganze Meute steht jetzt draussen, und ich kriege mich kaum mehr ein vor Schlottern.
Zweiter Teil: Mailand – Nachtbus nach Rom
Als der Bus eine halbe Stunde später einfährt, erlebe ich eine kleine Massenpanik. Die Plätze im Nachtbus nach Rom sind nicht nummeriert. Und überhaupt wollen alle einfach nur an die Wärme.
Im Doppelstöcker herrscht Rassentrennung. Schwarz oben, Weiss unten. Echt. Krass.
Zuerst setze ich mich neben eine Frau, die mir sofort unsympathisch ist. Sie beginnt auch gleich, sich über dies, das und jenes zu beklagen. Und überhaupt, die Schwarzen… etc. Ich wechsle den Platz. Keine Lust auf eine Nacht neben so viel Negativem.
Ich habe Glück, kurz darauf setzt sich Claudio neben mich. Sein Flug von Dublin nach Mailand hatte Verspätung, und so hat er seinen Zug nach Florenz verpasst. In letzter Sekunde schafft er es auf den Bus.
Es ist richtig gemütlich. Wir brausen durch die neblige Nacht und reden 4½ Stunden durch.
Claudio spendiert mir meinen ersten Kaffee. Genau um Mitternacht in der Bar der Autobahnraststätte im Nirgendwo zwischen Mailand und Florenz. Wie ich solche Szenen liebe! Die hässlichsten Orte haben manchmal ihren ganz eigenen Zauber.
Als Claudio um 2.30 Uhr in Florenz aussteigt, ist wieder eine neue Freundschaft entstanden.
Von 4.30 bis 5 Uhr schlafe ich.
Um 5.30 Uhr spuckt mich der Bus in Roma Tiburtina aus.
Finale: Roma Tiburtina
Es ist noch dunkel. -2 Grad. Minus zwei! Ich erfriere auf der Stelle. Und das schlimmste an der Geschichte: ich muss nochmals 3 Stunden warten, bis ich meine Unterkunft beziehen darf.
Wie eine Obdachlose stehe ich in der Bahnhofshalle Tiburtina an einem etwas windgeschützten Ort und knabbere an meinem Frühstück.
Mit dem vielen Gepäck bin ich einigermassen unbeweglich. Sonst würde ich ja einfach laufen, um mich warm zu halten.
Um 7 Uhr erreicht mich ein erster Sonnenstrahl. Auf einem Parkplatz, wo es windstill ist. Dort stehe ich dann, bis ich mein Zimmer in Giulios Wohnung beziehen kann.
Ein wunderschöner Tag beginnt. Blauer Himmel. Die Sonne wärmt mehr und mehr. Die Vögel pfeifen. Die Kirchenglocken bimmeln.
Mein erster Morgen in Rom. Spektakulär. Glücklich.
[…] ich an meinem Ankunftstag am frühen Morgen an meiner Wohnadresse ankomme, bin ich leicht irritiert. Sieht nicht unbedingt einladend aus. An […]
Ciao Doro, unglaublich wie du dich rum strapazierst…
Hoffe du bist troztdem glücklich in Rom, und falls du die heisse 5 stelle Virginia im Campidoglio triffst, bitte Grüsse aus Zürich ausrichten!!
Buon viaggio e divertiti
Maurizio ETH-BIB
Hoi Maurizio
Oh ja, ich habe eine grossartige Zeit in Rom – die Flixbus-Strapazen sind fast vergessen…
La signora Raggi habe ich noch nicht gesehen, aber falls ich sie antreffe, werde ich sie allerherzlichst von dir grüssen 🙂
Bei dir ist auch alles ok?
Salutami la Puglia, wenn du wieder dort bist!
Doro