An 4 Tagen habe ich mich auf 3 ausgewachsenen und 2 kleinen Pässen ausgetobt. Heute ist der Passo dello Stelvio dran, mit 2757 m.ü.M der höchste Pass Italiens.
Klick auf die folgende Karte, um die gesamte Tour genauer anzuschauen.
Das Programm:
Tag 0: Susch im Engadin – Camping Morteratsch, Pontresina
Tag 1: Morteratsch – Berninapass (2330) – Tirano – Bormio
Tag 2: Bormio – Passo dello Stelvio (2757) – Prad am Stilfserjoch
Tag 3: Prad – Ofenpass (2149) – Livigno
Tag 4: Livigno – Passo dell’Eira (2208) – Passo di Foscagno (2291) – Bormio
Tag 5: Bormio – Tirano – Zug zurück
Am 2. Tag meiner Pässetour wage ich mich ans Stilfser Joch, den Passo dello Stelvio.
Ich verlasse den Camping am Morgen früh und pedale nach Bormio. Ein wunderschöner Morgen strahlt mir entgegen.
Die Stelvio-Passstrasse führt in 48 Kehren über 21 Kilometer und 1533 Höhenmeter zur Passhöhe.
Die 48 Kehren werden von der Passhöhe her gezählt. Das heisst, dass die Kehre 29 noch nicht einmal die Hälfte der Strecke vom Tal her markiert.
Es ist auf dem Bild unten kaum zu erkennen, aber an der Stelle steigt die Strasse um 14%. Das macht mir dann eben keinen Spass mehr. Dafür ist meine Fuhre zu schwer. Und ich bin zu wenig trainiert, gerate ziemlich ausser Atem und merke, wie sich die Kraft aus den Beinen verabschiedet.
Zum Glück weiss ich in diesem Moment noch nicht, was noch alles auf mich zu kommt.
Pause. Ich lasse mein Pferd grasen und futtere Kekse. Danach hab ichs eine Weile ganz vergnügt mit mir und meinem Fahrrad Allegra.
Auf einer Hochebene überkommt mich ein wahres Glücksgefühl. Da gehts immer leicht aufwärts, aber völlig entspannt. Und die Landschaft ist hinreissend.
Danach wirds nochmals richtig hart. Nach einige Kehren mit steilen Zwischenstücken gelange ich zur Abzweigung zum Umbrailpass. Die Versuchung ist gross. Von da aus könnte ich locker zurück in die Schweiz rollen, ins Münstertal, nach Santa Maria.
Von unten sehe ich, was mir für den Stelvio noch blüht: steile Kehren an der prallen Sonne. Meine Kraft ist erschöpft, dopen nützt auch nichts mehr.
“Wenn das Pferd tot ist, steig ab”, geistert mir durch den Kopf, und ich muss kichern wie eine Irre.
Trotzdem will ichs wissen. Wer immer an meiner Ausdauer und meinem Durchhaltevermögen gezweifelt hat, staunt an dieser Stelle: ich WILL jetzt auf diesen Passo dello Stelvio fahren! Einmal erleben, wie es ist, wenn ich den erfahren habe.
Das Finale des Stelvio ist ganz hinterhältig steil. Die Passhöhe sieht man ab dem Abzweiger Umbrail, und sie rückt mit jedem gefahrenen Meter weiter weg. Erschwerend kommt hinzu, dass auf dieser Höhe die Luft dünner wird und der Körper nicht mehr so leicht an Sauerstoff kommt.
Für Fotos reicht die Kraft nicht mehr. Aber ich fahre Umdrehung um Umdrehung. Irgendwann glaube ich, auf der Stelle tot vom Rad zu kippen, aber fahre immer noch, verfalle in eine Art Trance, in der nicht mehr klar ist, was wirklich ist und was ich mir einbilde.
Vielleicht bin ich schon tot?
Ist auch egal, ich trete im Schneckentempo weiter. Einer nach dem andere überholt mich. Die sehen auch fertig aus. Die, mit ihren leichten Rennrädern und trainierten Waden.
Und dann bin ich oben.
Die Erschöpfung ist weg. Ich bin begeistert von mir. Und erschüttert von dem Bild, das sich mir hier bietet.
Anstelle von ergreifender Berg-Idylle herrscht hier ein Jahrmarkt-Rummel.
Vor der Selfie-Passtafel kannst du Schlange stehen.
Fressbude an Fressbude bietet Kalorien an. Du kannst hier Brote mit Sauerkraut und Wurst haben. Und Brezel. Bier sowieso. Oktoberfest-Stimmung.
Einen Bankomat gibts auch, damit du das Sauerkraut bezahlen kannst.
Das habe ich nicht erwartet.
Aber es ist mir egal, denn ich habe den Stelvio geschafft!
Abfahrt vom Passo dello Stelvio nach Prad
Die Abfahrt Richtung Prad im Südtirol ist schon mal spektakulär zum Gucken.
Zum Runterfahren sind Kehren supercool. Für einmal bin ich schneller als die Autos.
Auf halber Abfahrts-Strecke steht die hübsche Kirche von Trafoi mit Ortler-Panorama.
In Prad übernachte ich auf dem Camping Sägemühle. Der ist zwar absonderlich teuer, aber friedlich, zentral gelegen, und vor allem hat er eine nette Zeltwiese, was ja heute auf den Campingplätzen nicht mehr so selbstverständlich ist.
Und nach dieser Mordstour lasse ichs mir gerne gut gehen. Morgen gehts ja dann weiter in Richtung Ofenpass.
Auguri, auguri, auguri !
Doro
ich weiss, dass du überall OBEN warst – so energiegeladen – wie du UNTEN losgefahren bist 🙂
Tolle, tolle Bilder, Serpentinen, Bergspitzen, Natura, ähm, und tolle Leistung !
Auguri, auguri, auguri Donna Doro !
und mögen noch viele Deiner Wünsche in Erfüllung gehen.
Lass Dich heute feiern.
Schön, dass es Dich gibt. Sanna
Sanna, du Wunder, danke von Herzen!
Respekt Doro! Beachtliche Leistung. Nun ist das Selfie am Pass nun immer peinlich. Andererseits bleibt so immer der Zweifel, ob Du nun wirklich oben warst.
Lieber “Heini” 🙂
Das ist natürlich wahr, jeder kann behaupten, den Stelvio erpedalt zu haben. Nimmt ein paar Fotos von jemandem und postet sie in die Welt hinaus. Immerhin belegt der Artikel, dass mein Velo oben war. Aber ersetzt das den Selfie-Beweis?
Ein absolut nicht peinliches, nein im Gegenteil, ein überaus cooles Selfie habe ich auf dem Ofenpass gemacht. Guck es dir an:
https://missmove.ch/rund-um-bormio-ofenpass/
Obercoole Grüsse
Doro
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