Oft höre ich, dass jemand zwar gerne in Italien Rad fahren würde, ihn oder sie aber die Angst vor Italiens Strassen zurückhält. Wie sicher ist es, in Italien Rad zu fahren? Wie ist die Situation auf Italiens Strassen? Welche sind die grössten Gefahren. Und was kannst du tun, um möglichst sicher durch Italien zu pedalen? Darum geht es in diesem Artikel.
Tausende Kilometer unbeschadet auf Italiens Strassen
Mehrere Tausend Kilometern bin ich bisher mit dem Fahrrad durch Italien gefahren und hatte nie ein ernsthaftes Problem mit dem italienischen Verkehr. Ja, er ist lebhaft und dicht und zuweilen auch herausfordernd, aber er war für mich nie ein Grund, nicht mehr in Italien Rad zu fahren.
Selbstverständlich war auch eine zünftige Portion Glück dabei – das brauchen wir als Radfahrerinnen immer, wenn wir uns in den Verkehr wagen. Das wünsche ich dir natürlich auch auf deinem Weg.
Sicher mit dem Rad durch Mailand und Rom
Sowohl Rom als auch in Mailand habe ich während mehreren Wochen mit dem Fahrrad erkundet. Hatte ich zuerst grossen Respekt und wackelte etwas zögerlich daher, verstand ich schnell, dass in italienischen Städten nur sicher vorwärts kommt, wer klar und zielstrebig ist.
Das gilt ganz nebenbei auch für Fussgänger. Keiner wird für dich am Zebrastreifen anhalten, wenn du einfach da stehst. Wenn du aber klar und zügig los schreitest, dann hast auch du eine Chance, je die Strasse zu überqueren. Das ist jetzt kein Aufruf, dich blindlings auf den Zebrastreifen zu werfen, aber nutze die Lücken im Verkehr und geh rasch los.
Für Kurzstrecken ist das Fahrrad neben dem Scooter das schnellste Verkehrsmittel in diesen grossen Städten. Du wirst sehen, es ist eine Freude, die Autokolonnen mit wehendem Haar zu überholen.
Mailand
Die wichtigste Wirtschaftsmetropole in Norditalien mit 1.3 Millionen Einwohnern ist voll mit Autos. Ich habe bisher noch keine Strasse gesehen, die nicht voller am Rand geparkter Autos wäre. Dabei sind die Strassen oft sehr grosszügig angelegt, und wir Radfahrer hätten genüsslich viel Platz am Rand.
Aber so ists eben nicht. Ich meinte eigentlich, im Norden wären die Autofahrer disziplinierter als weiter südlich, aber das Parken in Doppelreihen ist auch in Mailand weit verbreitete Praxis. Das macht die Fahrbahn zum einen noch schmaler, zum anderen noch lebendiger: du musst diese sich ständig verschiebenden Parker auf deiner Fahrbahn gut im Auge halten – besonders die sich öffnenden Autotüren!
Fällt dir auf dem Bild unten etwas auf?
3 Autos nebeneinander. Aber nur im mittleren sitzt ein Fahrer. Die Autos links und rechts stehen länger da. Sie sind geparkt. Mitten auf der Strasse. Es hat ja schliesslich Platz zum Vorbeifahren.
Manchmal muss ich wirklich lachen, wie kreativ die Mailänder im Parkplatzfinden sind. Selbst ein Kreisel ist kein Tabu beim Parken. Gerne auch Radwege oder Gehsteige. Schliesslich sind alle tolerant und flexibel.
Unten siehst du ein Beispiel einer eigentlich breiten Quartierstrasse. Es geht zwar alles ordentlich zu und her (ausser vielleicht dem auf dem Zebrastreifen geparkten Smart), aber viel Platz bleibt zum Fahren eben nicht mehr.
Viel lernen über das Radfahren in italienischen Städten kannst du übrigens von lokalen Fahrrad- oder auch Scooter-Fahrern. Folge ihnen einfach mal eine Weile und guck, wie sie sich verhalten. Du musst ihnen ja nicht zwingend übers Rotlicht folgen…
Übrigens gibt es auf manchen Strassen in Mailand markierte Fahrradstreifen und sogar einzelne Radwege – auch richtig schöne. Ein Navigationsgerät ist sicher hilfreich, um diese aufzuspüren.
Rom
Über meine Fahrrad-Erfahrungen in Rom habe ich schon einmal geschrieben. Zudem widmet sich dieser Artikel aus dem Velojournal dem Thema Radfahren in Rom.
Im Unterschied zu Mailand sind die Strassen in Rom wesentlich schlechter erhalten. Schlaglöcher können dir jederzeit unterkommen, sei darauf gefasst. Sei auch vorsichtig bei Regen. Die Strassen von Rom können dann richtig glitschig werden.
Du wirst in Rom öfter Scooter (Vespa & Co) sehen als in Mailand. Das ist nicht weiter gefährlich, bloss noch eine Spur hektischer.
Ansonsten sind die Römer vielleicht einen Tick ungeduldiger als die Mailänder und ganz klar begeistert von ihren Hupen. Als würde das Hupen irgendwas beschleunigen, wird sie bei jeder Gelegenheit eingesetzt. Vermutlich mehr, um Dampf abzulassen als ernsthaft etwas bewegen zu wollen in den endlosen Kolonnen. Lass dich davon nicht beeindrucken.
Die Situation auf Italiens Strassen
Lebendig gehts zu und her auf den italienischen Strassen. Für deine Sicherheit auf dem Fahrrad spielen folgende Faktoren eine Rolle:
- Italiener im Auto
- Hohe Fahrzeug-Dichte
- Strassenzustand
- Müll
- Sich öffnende Autotüren
Aber jetzt mal genauer:
Italiener im Auto
Die grösste Angst haben wir Nordländer wohl vor dem Auto fahrenden Italiener. Der Ruf mag zutreffen, dass die Italiener schnell unterwegs sind und jeden Zentimeter der Strassen auskosten, um rasch ans Ziel zu kommen.
Die Italiener gelten als die undiszipliniertesten Autofahrer in Europa. Parken in zweiter Reihe ist gang und gäbe, die Farbe des Rotlichts wird weit gedehnt, Vortritt hat der Entschlossenere.
Trotzdem empfinde ich den Verkehr in Italien selten als chaotisch. Nur schnell und dicht.
Gerade weil die Italiener die Verkehrsregeln so sehr dehnen, sind sie aufmerksam und beherrschen ihre Fahrzeuge in der Regel bestens.
Beobachte einmal einen Italiener, der in eine minimal berechnete Lücke parkt. Hinten und vorne bleiben da noch fünf Zentimeter Raum bis zum nächsten Fahrzeug. Ich halte das für eine echte Meisterleistung. Sie haben einfach zu wenig Platz für die vielen Autos und müssen lernen, jeden Zentimeter Strasse oder Parklücke auszunutzen.
Aber vor allem sind die Italiener sehr tolerant im Verkehr. Zwänge ich mich beim Abbiegen zuweilen etwas gar knapp vor einem Auto hindurch, schlägt mir kein Sturm der Empörung entgegen – das Auto bremst für mich und beschleunigt dann wieder tüchtig.
Dass Autos zu nahe an mich heranfahren, ist mir in Italien nicht häufiger passiert als in anderen Ländern. Grundsätzlich werde ich respektvoll überholt.
Im Süden passiert es öfter, dass dich ein Auto vor dem Überholen von hinten anhupt. Ärgere dich nicht darüber. Es bedeutet nämlich: Vorsicht, ich überhole dich jetzt. Insofern ist das eine freundliche Geste. Du weisst jedenfalls, dass dich der Autofahrer wahrgenommen hat – und das ist doch schon mal hoch erfreulich.
Insgesamt würde ich sagen: die Italiener fahren temperamentvoll, aber sie haben ihre Fahrzeuge im Griff und sind tolerant im Verkehr.
Starker Verkehr in Italien
Italien gehört zu den Ländern mit den meisten Autos pro Kopf in Europa.
Ein Grund dafür ist, dass die öffentlichen Verkehrsmittel in Italien (angeblich) so schlecht funktionieren. So sehen sich manche Italiener gezwungen, ihr eigenes Auto zu nehmen, um sich von A nach B zu bewegen.
Und, vielleicht ist das der gewichtigere Grund: Italiener mögens bequem. Manche halten selbst den 5-minütigen Fussmarsch zur Bushaltestelle für eine Zumutung, geschweige denn tägliches Pendeln per Fahrrad – selbst wenn alles flach und bequem erreichbar ist.
So dient der zuweilen tatsächlich magere öffentliche Verkehr als willkommene Ausrede, um ins eigene Auto zu steigen. Der Witz ist, dass die Busse auch pünktlicher fahren könnten, würden sie nicht permanent in irgendwelchen Autokolonnen feststecken…
Entsprechend stark ist also das Verkehrsaufkommen, vor allem in den Städten.
Auf dem Land, und je südlicher, je mehr, spürst du die Arbeitszeiten der Autofahrer stark:
- von 7 – 9 Uhr
- um 13 Uhr (Mittagspause)
- um 15 Uhr (zurück zur Arbeit nach dem Mittag)
- von 18 – 20 Uhr (Feierabend)
In diesen Zeiten kannst du dich plötzlich in grossem Verkehrsgedränge wiederfinden, während du dazwischen manchmal ganz alleine auf den Strassen herumtingelst.
Die grössten Gefahren
Wie bereits erwähnt, weichen die Gefahren auf Italiens Strassen nicht sehr von jenen weiter nördlich ab. Wegen des dichteren Verkehrs musst du etwas wacher sein. Und ein paar Hindernisse könnten dich auch beim Daherpedalen überraschen:
Schlaglöcher und Müll auf der Strasse
Je weiter südlich du kommst, desto häufiger triffst du eine beschädigte Fahrbahn und herumliegenden Müll an.
Leider breitet sich oft am Strassenrand, auf dem du als Radfahrer unterwegs bist, die vom letzten Regen hingespülte Drecksfuhre aus. Das gefährliche daran ist, dass du hier ab und zu Glasscherben oder anderem Unangenehmen ausweichen musst. So machst du also einen Schlenker auf die Fahrbahn – und hoffst einfach, dass dort nicht gerade ein Auto allzu nahe an dich heranfährt.
Solche Aktionen haben mich schon oft in Bedrängnis gebracht, und vermutlich hatte ich auch schon öfter Glück als mir bewusst ist.
Und sie passieren immer dann, wenn ich auf solchen Strecken herumträume, also nicht achtsam und vorausschauend bin.
Leider sind manchmal auch die Radwegen in schlechtem Zustand: überwachsen mit hübschen Blumen, von Glasscherben überstreut oder bestehend aus löchrigem, holprigem Asphalt.
Da du auf dem Radweg nicht von Autos umgeben bist, ist das nicht so schlimm, bloss ärgerlich – und, das führt uns zum nächsten Kapitel: Ich habs tatsächlich schon fertiggebracht, beim Ausweichen von Glasscherben auf einem Radweg samt bepacktem Fahrrad in den benachbarten Acker zu kippen…
Selbstunfall
Die weitaus grösste Gefahr, die ich für Radfahrer in Italien sehe, sind Selbstunfälle. Jedenfalls ist das meine Erfahrung: die Unfälle und Hinfaller, die ich in Italien erlebte, habe ich allesamt selber verursacht:
- zu nahe an den Randstein gefahren und hingefallen
- auf nasser Strasse zu rasch in die Kurve geflitzt und ausgerutscht
- zu kurzsichtige Ausweichmanöver, weil ich herumgeträumt habe
- nachlässig gebundene Turnschuhe, die sich in der Pedale verfingen
Zum Glück ist alles immer glimpflich abgelaufen. Bis auf ein paar Kratzer und blaue Stellen ist mein Körper immer heil davongekommen.
Offenbar brauche ich hin und wieder einen kleinen Ermahner, der ja ohnehin immer, immer, immer auf der Strasse gilt: träume nicht, sei wachsam und vorausschauend!
Sich öffnende Autotüren
Ja, davor habe ich grössten Respekt. Rast du mit zügigem Tempo in eine offene Autotür, gibt es nicht mehr so viel zu lachen. Sich öffnende Autotüren gehören zu den grössten Gefahren für Radfahrer.
Also, halte immer schön Abstand zu den geparkten Autos und sei wachsam!
Zum Glück sind sich die Italiener auch hier erstaunlich aufmerksam. Vermutlich gerade weil sie an so dichten Verkehr gewöhnt sind.
Ich persönlich bin öfter in der Schweiz von sich öffnenden Autotüren überrascht worden als Italien.
Trotzdem: sei immer auf der Hut, wenn du an geparkten Autos vorbeifährst.
Tipps, wie du in Italien sicher Rad fährst
Selbstverständlich gilt auch in Italien alles, was du ohnehin in jedem anderen Land tun würdest, um sicher Rad zu fahren. Speziell wichtig im italienischen Verkehr ist, dass du klar und selbstsicher unterwegs bist.
Sei achtsam und denke für die anderen Verkehrsteilnehmer
Da du als Radfahrerin mal die schwächere Verkehrsteilnehmerin bist, ist es ganz in deinem Interesse, das Geschehen um dich herum zu überblicken und vorauszusehen, was als nächstes passieren könnte. Im italienischen Verkehr ist dieser Punkt noch einen Zacken wichtiger, weil alles schneller und dichter ist als im Norden.
Wenn ich in dichtem Verkehr fahre, bin ich sehr wach und nehme rund um mich herum wahr, was gerade läuft.
Sehe ich eine Autoschnauze 100 Meter weiter vorne von rechts in die Fahrbahn gucken, bereit zum Einbiegen, halte ich diese gut im Auge. Meistens ists nicht böser Wille, dass einem jemand die Vorfahrt nimmt – wir werden als Radfahrer schlicht übersehen oder unsere Geschwindigkeit unterschätzt.
Sei stets bremsbereit.
Sei klar und zögere nicht
Im italienischen Verkehr hat recht, wer klarer, schneller und entschlossener ist.
Dieser Punkt ist als Radfahrer anfangs etwas schwierig, weil du dich erst mal an den Rhythmus des italienischen Verkehrs gewöhnen musst. Aber glaub mir, wenn du meinst, dass dich jemand irgendwo über die Strasse bittet, wenn du am Zebrastreifen wartest, kannst du da Stunden verbringen. Mach klar, dass du jetzt dran bist.
Auch wenn du mitten in einer Auto-Kolonne fährst und links abbiegen willst – halte nicht am rechten Rand an und warte, bis sich eine Lücke auftut, sondern streck den linken Arm raus und fahre entschlossen an den linken Fahrbahnrand, um von dort aus abzubiegen.
Glaub mir, das ist sicherer als zu warten. Du wirst respektiert werden.
Die heikelsten Momente in den Städten hatte ich immer dann, wenn ich selber nicht so recht wusste, wohin ich eigentlich fahren will und zögerlich auf der Strasse herum wankte.
Sei frech!
Das schliesst an den obigen Punkt an. Lege die Verkehrsregeln, die du bei dir zuhause gelernt hast, erst mal in die Schublade.
Solange du wachsam bist und gut auf alles, was sich bewegt achtest, kannst du ohne Bedenken verkehrt eine Einbahnstrasse passieren oder bei Bedarf auf den Gehsteig ausweichen. Manchmal sind die Strassen so fahrradunfreundlich konstruiert, dass dir gar nicht viel anderes übrig bleibt.
Selbstverständlich gibst du Fussgängern den Vortritt und gefährdest niemanden.
Aber du darfst hier die Verkehrsregeln gut dehnen. Du wirst sehen, das macht Spass 🙂
Mach dich breit
Ich fahre meistens nicht am äussersten rechten Rand, sondern nutze den rechten Drittel der Strasse aus. So sehen die Autofahrer schon von weitem, dass ich ein wirkliches Hindernis bin und nicht bloss sowas Kleines, das sich nach rechts abdrängen lässt.
Zudem habe ich so mehr Spielraum, um Hindernissen am Strassenrand auszuweichen. Denk immer daran, dass solche Ausweichschlenker nach links extrem gefährlich sind, wenn dich gerade ein Auto etwas nahe überholt.
Wenn du hingegen rechts noch etwas Raum hast, kannst du dich immer schlank machen, wenn es eng wird.
Darum: vorbeugen und von Anfang an mehr Raum auf der Strasse einnehmen.
Mein Fahrerlebnis hat sich wesentlich verbessert, als ich mich endlich zu einem Navigationsgerät überwinden konnte.
Dieses kleine Wundergerät hat mich über die hübschesten und ruhigsten Nebenstrassen geführt, die ich selber auf der Strassenkarte nicht gefunden hätte.
Besonders auch in Städten hat mich das Navi überrascht. Oft kannst du damit die hektischen Hauptstrassen gemütlich umfahren und siehst wesentlich mehr von den Quartieren.
Das ist nicht nur hübscher, sondern auch sicherer.
Fazit
Insgesamt kann ich dich nur ermutigen, dein Fahrrad zu nehmen und durch Italien zu fahren. Der Ruf des italienischen Verkehrs (besonders des südlichen) ist wesentlich wilder als er in Realität ist.
Sei achtsam, wie immer auf dem Fahrrad. Und sei klar, entschlossen, schnell und eine Prise frecher als in deinem Heimatland.
Dann kommts gut mit deiner Fahrrad-Reise in Italien. Versprochen.
Interessant, aber nicht der Realität entsprechend. Dieser Artikel ist schon geradezu fahrlässig.. Ich fahre im Jahr mehrere tausend Kilometer Rennrad und habe den Vergleich: Italienische Autofahrer halten in Europa mit am wenigsten Abstand zu Fahrradfahrern. Man braucht hierzu nur mal im Sommer in den Alpen Pässe fahren. Dann hat man den realen, objektiven und statistisch felsenfesten Vergleich, da auf den Alpenpässen jede Menge unterschiedliche Nationalitäten unterwegs sind. Italienische Autofahrer erachten einen Abstand von 30 cm zum Fahrradfahrer in aller Regel als völlig ausreichend. Ja sogar italienische Rennradkollegen sind damit im Grunde unisono. Wemm 30 cm Abstand zwischen Leben und Tod genügen, dem wird das Fahrradfahren auf Italiens Straßen gefallen. Wem dies etwas zu kritisch erscheint, der weicht in das schöne Frankreich oder noch besser, nach Spanien aus.
Danke für deine Gedanken. Gut, dass es noch ganz viele Alternativen zu Italien gibt, wenn es jemandem hier nicht behagt.