Vom Gardasee über Neapel nach Sizilien – das ist der 1. Teil des Gastartikels von Regine und Jochen Heinke. Mehr Infos über die beiden findest du am Ende des Artikels.

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Im vergangenen Jahr sind wir von Salzburg nach Rom geradelt und wollen nun die italienische Westküste erkunden – also „am Schienbein bis zur Stiefelspitze hinab gleiten“.

Wir, das sind Regine und Jochen – beide zum Zeitpunkt der Reise jenseits der Siebzig – und unsere 28er Cycle Wolf Cross-Bikes, die uns schon über viele Jahre zuverlässig begleiten.

Am 31. August bringt uns der Zug von Dresden nach München, am nächsten Morgen weiter über Innsbruck und den Brenner nach Trient (Trento), wo wir um 12 Uhr eintreffen.

Tag 1: Trient – Cassone, 64 km

Nach dem langen Sitzen im Zug, radeln wir uns auf ebenem Weg entlang der Etsch erstmal ein. In Rovereto/Mori zweigen wir auf den Verbindungsweg zum Gardasee ab, dessen Nordseite wir in Nago-Torbole erreichen. Ein grandioses Panorama!

Gardasee mit düsterem Himmel

Hinab zum See und am Ufer weiter nach Süden. Schon müssen wir das erste Gewitter überstehen.

Wir übernachten in Cassone nahe Malcesine im sehr schön gelegenen Hotel Cassone* und fühlen uns sofort wohl.

Am Seeufer finden wir eine behagliche gutbesuchte Pizzeria. Hier kocht und bäckt die Mama! Wieder geht ein Gewitter nieder und beschert uns beeindruckende Naturbilder.

Vom Gardasee nach Sizilien

Tag 2: Cassone – Mantua, 85 km

Es ist Samstag, und wir tauchen gleich in eine endlose Autokolonne ein, die sich am Ostufer des Gardasees Richtung Brenner-Autobahn wälzt. Mit wenig Platz am Strassenrand kommen wir nur langsam voran. Ab Bardolino wird es ruhiger, dafür aber heftig nass.

Im reizenden Peschiera entschließen wir uns schweren Herzens, den Radweg am Mincio wetterbedingt zu meiden und auf der verkehrsarmen Strasse nach Mantua weiter zu fahren.

Alles in allem eine Fahrt mit viel Nass und wenig Essen. Wenigstens kommen wir trocken an. Vom B&B Hotel Mantova*, das von Chinesen geführt wird und etwas ausserhalb des Zentrums liegt, radeln wir über den Damm und tauchen in die sehenswerte historische Altstadt ein.

Tag 3: Mantua – Maranello, 98 km

Heute durchqueren wir bei Superwetter die Po-Ebene. Obstgärten und Gemüsefelder wohin das Auge blickt; hinter uns winken die Alpen, vor uns grüsst der Apennin.

Am Abend erreichen wir Maranello. Hier dominiert Ferrari, was man auf Schritt und Tritt spürt. Unser Hotel Planet* liegt gegenüber dem Werkseingang, und unter uns im gleichen Gebäude befindet sich der Ferrari-Flagship Store. Wir sind also mittendrin.

Zwei bepackte Fahrräder
Zwei Fahrräder vor dem Ferrari-Store
Ferrari-Rennauto im Store

Tag 4: Maranello – Pievepelago, 68 km

Die nächsten beiden Tage gehen wir mit grossem Respekt an. Vor uns liegt die Überquerung des Apennin über den Abetone-Pass, der uns mit einem ständigen Auf und Ab und einer Passhöhe von knapp 1400 Metern einiges abverlangen wird.

Von Maranello fahren wir zunächst nach Pozza zur legendären „Strada Statale 12 dell’Abetone e del Brennero“ (SS12), die uns morgen bis nach Pisa führen wird.

Von 145 m Seehöhe geht es gleich stramm aufwärts. Nach 18 km darf man bei 800 m Höhe tief durchatmen, denn auf diesem Level geht es nun 25 km moderat auf und ab, bis noch einmal 13 km auf 1200 m Höhe folgen – ist wohl zum Anschnuppern – danach hurtig abwärts wieder auf 800 m Höhe.

Nach kräftezehrender Fahrt mit grossartigen Panoramen, übernachten wir in Pievepelago. Wir kaufen im Ort ein und essen im Hotel Bucaneve, zu Deutsch Schneeglöckchen.

Tag 5: Pievepelago – Abetone-Pass – Lucca, 83 km

Ausgeruht beissen wir uns am nächsten Morgen die letzten 600 Höhenmeter hinauf und sind bei sagenhaftem Wetter gegen 11 Uhr auf der Passhöhe. Glücksgefühle hoch drei!

Radfahrer am Passo dell'Abetone
Radfahrer am Passo dell'Abetone

Nach einem stärkenden Espresso sausen wir die kurvenreiche Strasse hinab, erhaschen grandiose Bilder von den mächtigen grünen Bergrücken und den Dörfern, die wie Vogelnester am Hang kleben.

Landschaft am Abetone-Pass

Wir müssen einige Male anhalten, um den ständig an den Bremsen liegenden Händen eine Pause zu gönnen.

Fotostop an der imposanten Ponte a Moriano am Fluss Serchio, kurz vor Lucca.

Fluss Serchio
Brücke am Fluss Serchio in der Toscana

Wenig später radeln wir durch die Porta Santa Maria in die romantische Altstadt von Lucca, wo wir im Hotel La Luna* logieren.

Abends feiern wir in der Osteria a Miranda Regines Geburtstag.

Tag 6: Lucca – Marina di Cecina, 99 km

Nach Lucca erwartet uns heute mit Pisa eine weitere toskanische Perle. Der Dom mit dem schiefen Turm und dem Lapidarium zieht Menschen aus aller Welt an.

Dom und Turm von Pisa

Nach einer Rast in der Altstadt, erreichen wir – am Arno-Ufer entlang radelnd – in Marina di Pisa das Ligurische Meer.

Ligurisches Meer

Nun geht es immer nach Süden, zunächst nach Livorno. Für die Fahrt um den grossen Hafen brauchts starke Nerven.

Auf hügeliger Strecke erreichen wir Marina di Cecina, wo uns ein kleines nettes Hotel am Strand aufnimmt. Bei Pizza und Wein lassen wir den Tag ausklingen.

Tag 7: Marina di Cecina – Grosseto, 106 km

Bei herrlichem Wetter radeln wir – teils direkt am Meer, teils küstennah durch Pinienwälder – gezwungenermassen nach Grosseto hinein, weil der Ombrone-Fluss nicht überquerbar ist.

Das B&B WarmUp* ist spitze: endlich können wir mal was waschen. Die Zeit reicht noch für einen abendlichen Trip in die Altstadt.

Tag 8: Grosseto – Santa Marinella – Torvaianica, 96 km

Die Strasse von Grosseto zurück ans Meer ist für Radler unattraktiv und stressig.

So beginnt unser Tag mit einer Bahnfahrt bis Civitavecchia. Leider ist die rechtsseitige Zugtür defekt, und wir müssen bis Santa Marinella weiter fahren, wo wir linksseitig aussteigen können. Nicht schlimm – wir müssen ohnehin in diese Richtung.

Auf verkehrsreicher Strasse radeln wir durch teils schmuddelige Umgebung nach Lido di Ostia. Vor den Toren Roms gelegen, ist dieser Ort entsprechend überlaufen und kommerzialisiert. Nichts wie weiter!

Die Strasse führt direkt hinter den Dünen am Strand entlang. Wir radeln noch ca. 20 km bis Torvaianica, buchen das letzte einfache Zimmer im Albergo Italia* und essen gut im Restaurant.

Tag 9: Torvaianica – Terracina, 109 km

Abwechslungsreiche und schöne Landschaft begleitet uns heute. Bald passieren wir das quirlige Anzio.

Anzio - Ort bei Rom

In Nettuno driften wir ins Hinterland ab, erreichen aber bei Torre Astura wieder das Meer. Lange feinsandige Strandabschnitte säumen die Küste. Wir radeln zwischen offenem Meer und Lagunen bis Torre Paola am Capo Cicero – ein Traum! Durch Küstenwald gelangen wir nach San Felice Cicero und schliesslich nach Terracina.

Am Strand im kleinen Hotel Le Onde* ergattern wir noch ein Zimmer. Heute haben wir noch Zeit für ein erfrischendes Bad im Meer.

Der anschliessende Besuch im gleichnamigen Restaurant* nebenan ist ein Erlebnis. Zum Essen gibt es köstliche Kleinigkeiten gratis, zum Schluss wird sogar noch die Limoncello-Flasche auf den Tisch gestellt – sehr grosszügig! Es ist Samstag Abend, und entsprechend ausgelassen geht es zu.

Tag 10: Terracina – La Vagnola, 73 km

Nach drei Schönwettertagen erleben wir heute eine Unwetteretappe. Den ganzen Tag bläst ein orkanartiger Sturm, gegen den wir ankämpfen müssen. Später gesellt sich mehrfach satter Gewitterregen dazu.

In Sperlonga Reifenpanne – heute haut es mal so richtig rein. Der Schaden ist bald behoben, und wir passieren einen tunnelreichen Streckenabschnitt an steiler Küste mit herrlichen Ausblicken.

Küstenabschnitt

In Gaeta überlegen wir, ob wir angesichts des nicht ganz ungefährlichen Wetters besser bleiben. Das Wasser klatscht gegen die Stege und die Boote zerren an den Leinen.

Hafen von Gaeta

Wir fahren weiter und schaffen es noch, total durchnässt, bis Le Vagnole. Im Hotel International sind wir die einzigen Gäste und können unsere Klamotten trocknen. Die Gegend wirkt total verlassen, obwohl es Clubs und viel Strand gibt. Zum Glück finden wir eine Formaggeria, wo wir uns mit leckeren Sachen und Wein eindecken können. Die Welt ist wieder in Ordnung.

Die ganze Nacht Gewitter, teils Sturzregen und im Zimmer gefühlte tausend Mücken, lassen uns kaum Schlaf finden.

Tag 11: La Vagnola – Neapel, 62 km

Heute, am 11. September, werden wir Neapel erreichen. Mit zwei satten Regengüssen und nachfolgender Fahrtwind-Trocknung, gelingt uns das auch.

Bei der Einfahrt nach Neapel verfahren wir uns. Durch einen Tunnel rollen wir auf steinigem Pflaster orientierungslos hinab und finden uns am Meer wieder. Aber wo ist Neapel?

Bergauf zurück und irgendwie gelangen wir nach Pozzuoli. Ab da geht es auf schönem Radweg, vorbei an imposanten Bauten und prächtigen Parkanlagen in die verkehrsreiche Altstadt.

Strasse in Neapel

Wir haben uns für zwei Nächte im B&B Olimpo degli Dei* eingemietet. Durch ein riesiges Portal gelangt man in einen Lichthof, wo die Autos der Bewohner abgestellt sind. Wir amüsieren uns, weil unsere Räder über die zwei Tage unversehrt (!) herumwandern: sie stehen immer irgendeinem Autobesitzer im Weg. Nachts gelangt man dann nur noch durch eine kleine Pforte hinein. Das Sicherheitsproblem ist hier also hinreichend gut gelöst.

Nach unserer Ankunft kaufen wir im Supermarkt ein. Wir sind etwas ausgepowert und essen lieber auf dem Zimmer. Beim Schlafengehen stellen wir fest, dass ein Bettlaken fehlt. Kopfkissen sind nicht ganz o.k., Badetücher noch feucht. Also decken wir uns mit den eigenen Badetüchern zu, legen ein Handtuch übers Kopfkissen, geduscht wird morgen früh – sind ja unterwegs genug beregnet worden.

Am Morgen erscheint die Hausdame. Si, si – sie hat viel zu tun, da kann sowas schon mal passieren.

Unser erstes grosses Ziel – NEAPEL – ist nach 950 Kilometern geschafft. Der nächste Tag ist radelfrei. Bei schönem Wetter laufen wir auf dem imposanten Corso Umberto I zum Bahnhof, fahren mit der Circumvesuviana nach Pompei und verbringen den Tag in der weitläufigen antiken Ruinenstadt.

Gastautoren Regine und Jochen Heinke

Gastautoren von Radreise-Artikel

Wir – Regine und Jochen – leben in Dresden am Elbekilometer 49 nahe dem „Blauen Wunder“. Der Elberadweg führt direkt bei uns vorbei, in einer guten halben Stunde gelangen wir ins Stadtzentrum.

Seit 2006 sind wir im Ruhestand; ab 2008 haben wir jährlich mindestens eine mehrwöchige Radtour unternommen.

2014 wagten wir uns erstmals nach Italien. Wir fuhren die Via Claudia Augusta von Donauwörth bis Venedig und von dort über Slowenien, Ungarn, Österreich und Tschechien wieder zurück nach Dresden (2500 km in 25 Tagen).

2016 radelten wir den Alpe-Adria-Trail von Salzburg über Udine nach Venedig und weiter über Ravenna, Florenz, Perugia nach Rom, 2017 folgte die hier beschriebene Tour und 2018 befuhren wir die Route von München nach Venedig.

Diese Touren haben uns mit unvergesslichen Erlebnissen bereichert.

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Ganz herzlichen Dank, liebe Regine und lieber Jochen, für eure lebendige Tourenbeschreibung!