Von Neapel nach Sizilien – das ist der 2. Teil des Gastartikels “Gardasee-Sizilien” von Regine und Jochen Heinke. Falls du ihn noch nicht gelesen hast, kannst du hier den 1. Teil vom Gardasee nach Neapel lesen.

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Tag 12: Neapel – Positano, 84 km

Der zweite Teil unserer Tour beginnt im quirligen Morgenverkehr Neapels. Auf holprigem Belag, teils mit gefährlichen reifenbreiten Fugen, radeln wir durch sich aneinander reihende verkehrsreiche Ortschaften, bis es ab Torre Annunziata ruhiger wird.

Hier beginnt die Halbinsel Sorrent und es wird sehr, sehr bergig. Wir schrauben uns nach Castellammare hinauf und werden mit spektakulären Blicken über den Golf von Neapel belohnt.

Blick auf Golf von Neapel

Im ständigen Auf und Ab gelangen wir bis zur Spitze der Halbinsel. Vor uns liegt, zum Greifen nah, Capri – scherenschnittartig im Gegenlicht der Sonne. Wir halten inne und lassen die Szenerie tief in uns hinein.

Hügel, Meer und Sicht auf Capri

Weiter geht es Richtung Osten auf einem Bergrücken. Wir schauen links über den Golf von Neapel, rechts über den Golf von Salerno und nähern uns der berühmten Amalfiküste. Eine atemberaubende Fahrt am steilen Hang über dem Meer, das wir nun immer rechts von uns haben, ohne störenden Autoverkehr dazwischen.

In Positano mit seinen zahllosen Treppenwegen und wenigen Strassen nehmen wir ein Zimmer im B&B Villa Celentano*, gehen essen und geniessen den Blick auf den Ort und das Meer. Auch abends ist es noch angenehm warm.

Positano ist ein geschichtsträchtiger Ort. Es lohnt sich, einmal bei Wikipedia vorbei zu schauen.

Tag 13: Positano – Paestum, 90 km

Nach einem Verwöhnfrühstück mit Meerblick, radeln wir an der Amalfiküste entlang bis Salerno, wo die Küste in sanften Hügelketten ausklingt.

Die einzige, sich an der Steilküste entlang windende Strasse, ist dicht befahren, in den Orten gibt es kaum Parkmöglichkeiten. Da haben wir als Radfahrer null Stress, können anhalten, wo es uns beliebt und den Charme dieser einzigartigen Landschaft geniessen.

Radtourenfahrerin an der Amalfiküste

In Maiori gönnen wir uns Espresso und was Süsses, in Salerno eine Eispause. Auf ebener Strecke in Meeresnähe radeln wir auf der SP175 bis Paestum, bekannt durch seine von griechischen Siedlern erbauten antiken Tempel.

Im gediegenen Hotel Villa Rita* übernachten wir zum Booking-Schnäppchenpreis.

Gegenüber dem Tempelareal finden wir eine Pizzeria – ein reiner Familienbetrieb. Bevor die Gnocchi serviert werden, muss der Koch erstmal das Baby versorgen. Wein steht schon auf dem Tisch, also warten wir gern. Die angestrahlten Tempel verbreiten eine romantische Stimmung.

Gedeckter Tisch in Paestum

Tag 14: Paestum – Palinuro, 92 km

Der Tag beschert uns ruhige Strassen an wiederum steiler Küste mit langen, kräftezehrenden Anstiegen und rasanten Abfahrten, aber auch gigantischen Sichten aufs tiefblaue Meer. Wir passieren rustikale Bergdörfer, Kiefer- und Eukalyptusduft begleitet uns.

Steile Strasse mit Blick aufs Meer
Bergdorf über dem Meer in Kalabrien

Am frühen Abend erreichen wir Palinuro, ein abseits der Küstenstrasse gelegener Ort an einer Halbinsel.

In der Residence Riviera* buchen wir ein Apartment mit kleiner Küche und können uns wieder unser eigenes Mahl zubereiten.

Wir sind etwas ausgepowert, aber nach mehr als 1000 km sind wir gut in Form und erholen uns schnell. Schon gegen 19:15 Uhr taucht die Sonne ins Wasser, die Tage werden merklich kürzer.

Tag 15: Palinuro – Diamante, 98 km

Frühstück wird aufs Zimmer gebracht – für uns etwas spät. Wir kommen erst kurz vor 10 Uhr weg.

Die Route führt uns weg vom Meer ins Tal des Fiume Mingardo – wilde alpine Landschaft, aber keine krassen Steigungen.

Nach Erreichen der SP430, folgt ein zäher kilometerlanger Anstieg, belohnt mit einer Schussfahrt nach Policastro hinein – das Meer hat uns wieder.

Auf ebener Strecke bis Sapri, im Auf und Ab bis Castrocucco, wieder weitgehend eben über Scalea nach Diamante – also wirklich keine langweilige Strecke.

Radtourenfahrerin blickt aufs Meer

Quartier im B&B A Casa di Luca* – Luca ist ein lieber Mensch, etwas langsam, aber gründlich. Wir bekommen ein Bier, machen uns landfein und gehen in die Stadt. Nettes Flair mit Promenade über dem Meer, Essen in einer Osteria.

Tag 16: Diamante – Pizzo, 129 km

Luca serviert uns das Frühstück auf dem Balkon.

Ab Diamante ziehen sich die Berge ein wenig von der Küste zurück, der Blick aufs Meer bleibt uns erhalten; es wird ebener und so kommen wir heute bei gutem Wind bis Pizzo (hat nichts mit Pizza zu tun!). Dabei müssen wir den Airport Lamezia Terme in einem weiten Bogen umfahren.

Schon etwas ausgelaugt landen wir in der herunter gekommenen Albergo Sonia. Vom Balkon mit verrosteter Brüstung erblicken wir bei einem romantischen Sonnenuntergang zum ersten Mal den schmauchenden Stromboli. Zum Glück gibt es in der Nähe eine Strandbar, wo wir den Abend bei wohliger Wärme verbringen.

Tag 17: Pizzo – Messina, 98 km

Am nächsten Morgen geht es von Meereshöhe gleich auf 550 m in den Ort Vibo Valentia. Wir wollen ein Stück Küste abschneiden und wählen die kürzere Strecke durchs Hinterland.

Nach wiederum bergiger Fahrt durch Olivenhaine, Weingärten und kleine Ortschaften, umgeben von grandiosen Bergketten, erreichen wir hoch über dem Meer wieder die Küste. Wir schauen auf die Strasse von Messina zwischen dem italienischen Festland und Sizilien.

Radtourenfahrerin blickt aufs Meer

Rasante Abfahrt und weiter auf schöner Küstenstrasse durch das liebliche Scilla (eine Perle!) nach S. Giovanni.

Blick auf den Strand von Scilla

Mit der Autofähre setzen wir nach Messina über, das Festland bleibt zurück. Seit Neapel liegen sechs Radtage mit knapp 600 km hinter uns – strapaziös, grandios, erlebnisreich, unvergesslich. In Messina übernachten wir in Hafennähe im B&B Nettuno*.

Tag 18: Messina – Zafferana, 82 km

Einmal hier, wollen wir noch ein wenig am Ätna schnuppern und fahren am nächsten Tag an der Küste nach Süden Richtung Catania. Eine zauberhafte Landschaft.

Sizilianischer Küstenabschnitt
Küstenlandschaft

Nach Taormina hinauf schaffen wir es zeitlich leider nicht. Ab Naxos biegt die SS114 von der Küste ab und führt durch dicht besiedelte Gegend. Die letzten 10 km in den Ort Zafferana auf 600 m hinauf sind allerdings grenzwertig – wir müssen alles geben.

Erschöpft finden wir ein skurilles B&B namens Sicilia in Miniatura*, erholen uns alsbald wieder und essen gepflegt im Restaurant Gli Aragona gegenüber der Kathedrale.

Tag 19: Zafferana – Ali Terme, 59 km

Reichliches Frühstück an klitzekleinem Tisch. Unser heutiger Plan ist, ohne Gepäck noch ein Stück weiter bergauf Richtung Ätna zu radeln. Nach 2 km geben wir auf. Der Akku ist leer, die Motivation fehlt.

Kurz entschlossen packen wir und radeln wieder hinab zur Küste. Bei gemütlicher Fahrt verbummeln wir den Tag mit zahlreichen Stopps und übernachten etwa 25 km vor Messina in Ali Terme im B&B GR. Der Empfang durch die Nonna ist sprachlich etwas schwierig, später geht es mit der Wirtin auf Russisch besser – eine verrückte Welt.

Am Strand finden wir eine Bar und essen leckere Spaghetti – was sonst?

Tag 20: Ali Terme – Milazzo, 90 km

Entspannter Beginn auf der Küstenstrasse, danach wieder durch das verkehrsreiche Messina. Bald erreichen wir den Leuchtturm Torre Faro an der nordöstlichsten Ecke Siziliens. An einem Dreirad-Mobil kaufen wir Obst und Gemüse ein.

Obst- und Gemüseverkauf ab Fahrzeug

Weiter geht es an der reizvollen Küste immer westwärts Palermo entgegen. Die Liparischen Inseln sind ab jetzt unsere ständigen Begleiter.

In Milazzo nehmen wir Quartier im B&B L’Alberghetto* – eine sehr gute Wahl.

Vom Castello – eine Ruine einer mittelalterlichen Zitadelle – bietet sich ein herrlicher Rundumblick. Wie ein Sporn ragt die nördlich gelagerte Halbinsel ins Meer.

Im „Grünen Salon“ zaubert uns Regine ein leckeres Mahl – buon appetito!

Abendessen mit Wein auf dem Tisch
Fahrräder im Hotelzimmer

Tag 21: Milazzo – Santo Stefano di Camastra, 120 km

Anfangs radeln wir durch dicht besiedeltes Gebiet, danach folgen wir der SS113, die sich durch bergige Landschaft schlängelt. Weit oben grüsst die Basilica Santuario Maria del Tindario.

Radfahrerin auf Strasse aufwärts

Leider kann man nicht alle Perlen, die am Wege liegen, besuchen. Die SS113 führt uns um das Capo Calava und Capo d’Orlando nach Santo Stefano di Camastra. Hier wird unendlich viel Keramik produziert, verkauft, und auch der Ort ist damit ausgestattet.

Im rustikalen B&B Casa Marina dürfen wir wieder unsere Fahrräder mit aufs Zimmer in die 3. Etage nehmen.

Mit Stadtrundgang und Pizza/Dolce beenden wir den Tag.

Tag 22: Santo Stefano di Camastra – Palermo, 112 km

Frühstück gibt es nur wenige Schritte entfernt im B&B-Hauptsitz.

Die Freude auf Cefalù weicht der Enttäuschung – Touristenmassen und mit Autos vollgestopfte Strassen. Bildschöne Strassenabschnitte entschädigen uns wieder.

Oben in Termini Imerese nehmen wir in einer netten Bar eine Auszeit und stärken uns mit Süssem und Cappuccino.

Auf der SS113 rollen wir am 23. September nach 2000 km in die sizilianische Hauptstadt ein.

Wir fahren gleich zum Hafen und buchen für den morgigen Tag eine 2er-Kabine für die Überfahrt nach Civitavecchia.

Im Zentrum finden wir das nette B&B Stupor Mundi*, essen auf dem Zimmer und versuchen bei einem guten Wein zu realisieren, was wir alles erlebt haben.

Tag 23: Palermo und Heimreise

Am nächsten Tag haben wir bis zum frühen Abend Zeit, Palermo zu erkunden. Das nutzen wir für einen Stadtrundgang.

Fahrzeuge in Palermo

Palermo hat eine wechselvolle Geschichte. Bemerkenswert vor allem die arabisch-normannischen Spuren. Laufen macht hungrig, und so kommt auch das leibliche Wohl nicht zu kurz.

Gegen 16 Uhr fahren wir zum Hafen. Die für 17 Uhr vorgesehene Abfahrt verzögert sich, weil erst noch die Fahrzeuge von der Fähre müssen. Diese kommen aus einem Nicht-EU-Land, müssen also alle die Einreisekontrolle passieren, wofür es ganze zwei Durchfahrten gibt. Es wird fast 21 Uhr, als wir endlich ablegen.

Autos fahren in Fähre

Gut ausgeschlafen gehen wir am nächsten Tag in Civitavecchia von Bord. Ausschliesslich Regionalzüge nutzend, mit Übernachtung in Prato und Innsbruck, sind wir nach 72 Stunden Heimfahrt am 27. September abends wieder gesund und wohlbehalten zu Hause.

Fazit

  • Italiens Süden und Sizilien sind wunderschön
  • Übernachtung im B&B ist optimal und kommunikativ
  • Gebucht haben wir meist über Booking.com, nur wenige Male direkt vor Ort
  • In Regionalzügen kommt man mit dem Rad immer mit
  • Auch ohne Radwege kommt man gut durchs Land
  • Die Verkehrsregeln werden pragmatisch ausgelegt, jeder kommt zu seinem Recht

Gastautoren Regine und Jochen Heinke

Gastautoren von Radreise-Artikel

Wir – Regine und Jochen – leben in Dresden am Elbekilometer 49 nahe dem „Blauen Wunder“. Der Elberadweg führt direkt bei uns vorbei, in einer guten halben Stunde gelangen wir ins Stadtzentrum.

Seit 2006 sind wir im Ruhestand; ab 2008 haben wir jährlich mindestens eine mehrwöchige Radtour unternommen.

2014 wagten wir uns erstmals nach Italien. Wir fuhren die Via Claudia Augusta von Donauwörth bis Venedig und von dort über Slowenien, Ungarn, Österreich und Tschechien wieder zurück nach Dresden (2500 km in 25 Tagen).

2016 radelten wir den Alpe-Adria-Trail von Salzburg über Udine nach Venedig und weiter über Ravenna, Florenz, Perugia nach Rom, 2017 folgte die hier beschriebene Tour und 2018 befuhren wir die Route von München nach Venedig.

Diese Touren haben uns mit unvergesslichen Erlebnissen bereichert.

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Ganz herzlichen Dank, liebe Regine und lieber Jochen, für eure beiden Radreise-Erfahrungsberichte!


Falls du den ersten Teil dieser Reise noch nicht gesehen hast, kannst du das hier nachholen: Gardasee – Neapel