Von Norden kommend, endet in Bologna das leichte Fahren in der Po-Ebene. Willst du von Bologna in die Toskana fahren, kommst du nicht darum herum, den Apennin zu überqueren (oder den Zug zu nehmen). Das ist harte Pedal-Arbeit. Zur Belohnung kriegst du Wald, kleinste Ortschaften und beeindruckende Strassen geboten. Und dann Pistoia, Lucca und Pisa. Und schliesslich das Meer.
Die meisten Radfahrer, die ich in Bologna antreffe, fahren nach Florenz weiter. Da ich nicht nach Florenz will, fahre ich nur ein kleines Stück auf dem Klassiker Ciclopista del Sole, der vom Brenner bis nach Palermo führt und zweige dann nach Südwesten ab.
Karte und GPS-Daten
Hier gehts direkt zur Route* in Komoot. Sie ist als 4-Tagestour konzipiert. Du kannst dir dort auch jede Tagesetappe einzeln anschauen.
Die GPS-Daten kannst du dir auf Komoot herunterladen, wenn du den entsprechenden Ausschnitt gekauft hast oder Premium-Mitglied bist. Falls du die Daten nicht herunterladen kannst, kontaktiere mich bitte.
*Bitte beachte, dass die Route am Computer erstellt ist und von der tatsächlich gefahrenen Route abweichen kann.
Von Bologna an den Lago di Suviana
Bologna ist erstklassig mit Radwegen ausgestattet. Vom Campingplatz im Nordosten bis zur Stadtgrenze im Südwesten kannst du ununterbrochen auf Radwegen fahren.
Die Steigung zum Lago di Suviana ist nicht schwer. Gemächlich führt die Strasse aufwärts. Wenn du Zeit hast, wählst du besser einen Werktag. Weil der See ein Ausflugsziel der Bolognesen ist, ist meine sonntägliche Fahrt von vielen Autos begleitet.
Ich verstehe, warum hier oben halb Bologna das Wochenende verbringt. Die Luft ist wesentlich kühler als in der stickigen Stadt, man kann wieder atmen.
Der Campingplatz am See ist ein freundlicher Familienbetrieb. Ein einfacher, ruhiger Platz mit angeschlossener Pizzeria. Das Zelt stellst du in ein kleines Pinienwäldchen. Was für ein Frieden.
Bremsen ade – steil, steil, steil!
Diese Etappe habe ich komplett unterschätzt. Ein hübsches Strässchen, kaum befahren, führt das Tal hoch, meistens durch den Wald. Friedlich ists. Ab und zu durchquere ich eine Ansammlung von Häusern. Verlassen wirken diese Orte.
Die Anstiege werden immer steiler und dann länger steil. Ich bin ordentlich gefordert. Immer wenn ich glaube, auf der Passhöhe angekommen zu sein, wartet hinter der nächsten Kurve ein neuer langer, steiler Anstieg.
Als ich zuoberst ankomme und innerlich juble, weil es jetzt endlich abwärts geht, wirds erst richtig schwierig. Noch nie habe ich eine Strasse gesehen, die über eine so lange Distanz so steil ist. Meine Bremsbeläge sind ohnehin fast verbraucht, und gestern noch dachte ich während der Fahrt, dass ich die Bremsen anziehen sollte, weil sich die Hebel fast bis zu den Griffen durchziehen lassen.
So geschiehts also auf dieser Strasse, dass ich die Bremsen voll anziehe, aber sie greifen nicht mehr wirklich, schleifen lahm durch, während sich die ganze Fuhre kaum verlangsamt. Ein Gefühl wie in einem Alptraum. Und ich bin noch weit, weit oben.
Also, was ich gestern auf dem Campingplatz verschlafen habe, muss ich jetzt tun: Bremsen nachziehen.
Mit überhitzten Bremsen und Händen komme ich in der Ebene an. Sehr glücklich, dass Frau wie Rad intakt sind.
Pistoia
Im naiven Glauben, das Schlimmste wäre überstanden, fahre ich nach Pistoia. Pünktlich zur Ladenschlissungszeit fahre ich um 13 Uhr in die Altstadt ein. Vom Markt treffe ich gerade noch die Müllhaufen an. Schade. Aber hübsch ists hier. Sehr sogar.
Als ich mich endlich von Pistoia trennen kann, herrscht glühender Nachmittag. Ein heisser Fön brüllt mir entgegen, die Luft flirrt. Ein Autofahrer zeigt mir den Vogel. Entweder ist er auch überhitzt oder er findet es gestört, jetzt Rad zu fahren. Ist es auch.
Genau in dem Moment steht das hier am Strassenrand:
Die tote Palme daneben könnte nicht passender sein. 20% Steigung sind mörderisch.
Aufwärts, selbstverständlich.
Ich habe mal bei einer Steigung von 14% am Stilfserjoch gemeint, mir brechen gleich die Knie durch, und jetzt erwarten mich 20% bei gefühlten 57 Grad.
Mit Fluchen und Kämpfen und Schwitzen und am Ende doch noch Schieben überstehe ich das Stück. Oben wartet die Belohnung: Das ruhige Örtchen Serravalle Pistoiese.
Der Witz ist, dass ich kurz darauf die ganzen Höhenmeter wieder hinuntersause. Mein Navi hat sich da wohl ein kleines Scherzchen erlaubt.
Nach einer weiteren heftigen Steigung stehe ich im Gebüsch. Hier würde vermutlich ein Holperweg eine Abkürzung zum angepeilten Campingplatz machen, bloss ist alles so überwachsen, dass ich gerne auf die Abkürzung verzichte.
Mein Humor ist für heute erschöpft. Ich verwünsche mein Navi und folge nur noch den Autowegweisern. Leider bewahrt mich das nicht vor weiteren Steigungen, weil der Campingplatz auf einem Hügel thront.
Der Campingplatz Belsito bietet dann dafür grossartige Weitblicke. Von meinem Zelt aus kann ich zurück auf den Hügel von Serravalle Pistoiese schauen, der von hier aus wie ein kleiner Pickel der Erde wirkt. Eines solchen Winzlings wegen habe ich so gelitten?!
Eine kleine Szene bei der Ankunft auf dem Camping will ich hier nicht unterschlagen. Ich bin mit Hitze und Apenninüberquerung ja schon gut gefordert heute und sehr müde, als ich ankomme. Vielleicht meistere ich folgende Szene deswegen so zackig:
Nach dem Einchecken fällt mir doch noch ein, mich nach dem Preis zu erkundigen. Es ist mir klar, dass ich hier auf einem gehobenerem Platz gelandet bin, also erwarte ich ein bisschen mehr als gewohnt.
«28 Euro pro Nacht. Die Kurtaxen musst du separat bezahlen.»
«Wie?!», entfährt es mir. Ich habe bisher maximal 20 Euro bezahlt, durchschnittlich eher 15.
Die Dame guckt mich etwas erschreckt an, dann rechnet sie mir die einzelnen Posten vor und kommt auf – 26 Euro. Aha, 2 Euro habe ich schon gewonnen.
«Ja, 26, es ist Hochsaison», sagt sie schnell ohne auf den anfänglichen Überpreis einzugehen. «Gut, machen wir 23 Euro, wenn du bar bezahlst», schlägt sie dann vor.
Das ist doch super. Ich habe bisher nichts gesagt, ausser «Wie?!» Offenbar mit spürbarer Empörung – so rasch ich den Rabatt von 5 Euro nachgeworfen bekam.
Ich bezahle die 23 Euro bar und erwarte selbstverständlich keine Quittung.
Trotz dieser kleinen Szenen möchte ich fairerweise betonen, dass der Campingplatz echt schön ist, terrassiert, mit fantastischem Ausblick. Und im obere Schwimmbad könntest du meinen, du seist im Himmel angekommen.
Lucca
Die Fahrt von Montecatini Alto nach Lucca ist zur Abwechslung steigungsfrei. Sofort begeistert mich Lucca mit diesem kleinen Kanal:
Pisa
In Pisa mache ich eigentlich nur einen Stopp, weil sich der Campingplatz als ideales Tagesziel anbietet. Da ich schon mal hier bin, mache ich eine schnelle Runde in die Stadt.
Und dann stehe ich – nicht das erste Mal – auf der Piazza del Duomo und bin ganz ergriffen von der Schönheit des Doms und natürlich auch des Turms. Der unsägliche Menschenauflauf und die Hitze sind mir einen Moment lang komplett egal.
Danach entdecke ich zufällig, dass die Stadt noch anderes Hübsches zu bieten hat:
Direkt am Arno steht dieses kleine Bijou:
Letzte Etappe: ab ans Meer
Die Ebene um Pisa erfahre ich als nicht sonderlich attraktiv. Das Meer lässt sich nicht blicken, obwohl ich gemäss Karte daran entlang fahre.
Schwül ists, ich pflüge durch klebrige Luft, Wolkentürme geben mir zu denken. Das Grollen im Hintergrund ist vielversprechend. Ich kann mich gerade noch unter den grossen Sonnenstoren einer Bar retten, als das hier losgeht:
Glaub ja nicht, dieser Wolkenbruch wäre eine nette Abkühlung. Jetzt dampfts so richtig von dem aufgeheizten Boden herauf.
In Livorno freue ich mich einmal mehr über den langen Radweg dem Meer entlang. Gleich anschliessend folgt, was ich am liebsten fahre: eine klippige Küstenstrasse.
Und wenn ich schon mal glücklich bin, kommt noch eins obendrauf: in Vada bei Cecina wähle ich den ganz tollen Campingplatz Tripesce und bleibe gleich drei Tage, bevor ich zu meinem nächsten Abenteuer, einem Haussit (=Hund & Katz hüten) aufbreche.
Bologna ist wirklich eine sehr schöne Stadt.