Mein Zelt hat Hagelschäden

Erster Abend in Sardinien. Mein Zelt steht gerade eine halbe Stunde, ich bin am Duschen und Kleiderwaschen, als das Trommeln losgeht. Ein bisschen Regen, wie erfrischend. Noch gemütlich, ich bin ja am Trockenen, bzw. sowieso nass. Die Gewitterwolke habe ich kommen sehen, der Schauer wird vorüberziehen.

Bevor sie aber wirklich abzieht, bombardiert die Wolke den Campingplatz noch mit Hagelkörnern in Kirschengrösse. Das finde ich weniger gemütlich, sehe die Szene schon vor mir: mein Zelt durchlöchert und plattgelegt.

Als nichts mehr vom Himmel fällt, wage ich den Blick auf mein Zelt: Nichts passiert, es steht noch, ist nur nass. Der Stoff hat zwar kleine Dellen, wie auf den Autos mit Hagelschäden. In trockenem Zustand sieht mans noch immer. Ein Zelt mit Hagelschäden. Das ist gut für mein Image: ich bin eben keine Warmduscher-Schönwetter-Zelterin, ich bin allwettertaff.

Andere Zelte hats anders erwischt: zerrupft, in Wasserlachen liegend, kümmerlich an den Stangen hängend.

Na, man muss eben wissen, wie man ein Zelt aufstellt:

 

Profi-Zelt-Aufstellerin

So stellst du dein Zelt wie ein Profi auf:

  • Stelle das Zelt in keine Senke, sonst erwachst du morgens in einem See, sollte es nachts schütten. Das ist mir nur einmal passiert.
  • Bei starkem Wind richte das Zelt so aus, dass nicht die Breitseite ausgesetzt ist. Flattern tuts auch noch genug, wenn du windschlüpfrig dastehst.
  • Schlag die Heringe schräg in den Boden, nicht senkrecht, sonst halten sie dem Zug der Schnüre nicht stand und reissen aus.
  • Ist der Boden schräg (das ist er ja fast immer der Fall) achte darauf, das Zelt so auszurichten, dass der Kopf oben und die Füsse unten sind, wenn du später ins Bett liegst. Umgekehrt schläft es sich gar nicht schön, probiers aus.
  • Achte auf den Lauf der Sonne, um Schatten auf das Zelt zu bekommen. Oder eben nicht, wenns kühl und nass ist. Das ist anspruchsvoll, weil die Sonne gerne anders läuft als vorhergesehen.
  • Bei Anzeichen von Gruppen: suche dir einen Platz weit entfernt davon.
  • Bei sehr viel Platz: achte darauf, dass sich keine später ankommende Gruppe zu dir gesellen kann, sonst bist du plötzlich umzingelt, eingekesselt, dauerbeschallt.
  • Steh nicht zu nahe an die Sanitäranlagen, die riechen manchmal. Zu weit weg aber auch nicht, falls du nachts raus musst.

Du siehst, ich bin ein echter Profi im Zeltaufstellen.

Theoretisch. Denn:

Zauberlaternen

Diese eine Sache, die entgeht mir chronisch: die Laternen, welche die Wege auf den Campingplätzen beleuchten.

Unplash_Laterne

Sie leuchten halt nicht, wenn ich ankomme. Wie oft bin ich ganz zufrieden mit meinem Platz und meinem professionellen Aufstellen, dann sinke ich abends müde auf meine Profi-Matte, kuschele mich in meinen warmen Profi-Schlafsack – und stelle fest, dass es taghell ist im Zelt. Dann erst fällt mir ein: die Laterne!

Ich bin ziemlich sicher, dass mir jemand hinterher reist und jeweils heimlich eine Laterne direkt neben mein Zelt pflanzt. Sie sieht ja auch auf jedem Campingplatz gleich aus. Sehe ich jeweils am Morgen danach.

 

Heringe klopfen

Also, das ist der mühsamste Teil: wie bringe ich die Heringe in den Boden? Ich trage ja keinen 5-Kilogramm-Hammer mit mir herum. Und immerhin braucht mein Zelt mindestens 8 Heringe, sonst stehts nicht. Wenns stürmt, könnte ich noch zwei weitere Leinen spannen.

Der Boden zeigt sich meistens widerspenstig:

  • Kaum zu bewältigen ist die Aufgaben, wenn der Boden sandig ist. Dann genügt ein kleiner Windstoss, und die Dinger reissen aus.
  • Schwierig auch ausgetrockneter Boden: hart wie blöd, und dann so spröde, dass der Sand-Effekt wieder zum Zuge kommt.
  • Ganz fies sind Wurzeln: die ersten 5 cm gehen leicht, und danach kannst du klopfen, bis die Laternen zu leuchten anfangen, da kriegst du keinen Hering rein. Ich musste schon das ganze Zelt zügeln, weil kein Durchkommen war.
  • Wiese ist natürlich das angenehmste zum Heringesetzen. Gerne erinnere ich mich diesbezüglich an Schottland. Wie Butter, da brauchst du nicht einmal zu klopfen, einfach in den Boden schieben, und die Sache hält. Dafür hast du in der Wiese permanent nasse Füsse. Gratis ist eben nix.

Übrigens behelfe ich mir statt des Hammers mit Steinen, sofern welche herumliegen. Wie cool aber wenn mir von aufmerksamen Mit-Campern ein Hammer serviert wird. Meistens zwar zu spät, weil ich ja Profi-Zeltaufstellerin und entsprechend schnell bin. Aber die Geste zählt, und die schätze ich sehr. Sehr!

 

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Hering-Ausreisser

Zelten tun ja nicht mehr so viele Leute. In Sardinien war ich auf einem Campingplatz umgeben von Wohnmobilen, kein weiteres Zelt in Sicht. Und weil die Camper nicht mehr zelten, haben sie kein Gespür mehr für den Raum, den die kleinen Zelte einnehmen.

Auf einem Platz ist mir an einem Tag dreimal jemand in die Schnur gelaufen und hat den Hering (in besonders schwierigem Boden) ausgerissen. Und hat das halb eingesackte Zelt einfach liegen lassen. Das war nicht fein. Hoffentlich hat er sich eine blutige Zehe geholt.

Dass ich manchmal selber über meine Heringe stolpere ist eine andere Sache. Das sind dann wenigstens meine. Heringe und Zehen.