Auf meiner zeitlich offenen Fahrrad-Reise durch Italien gerate ich ab Juli in ein Sommerloch: es ist mir zu heiss zum Radfahren, die Campingplätze verdoppeln plötzlich ihre Preise, und fast überall hats mir zu viele Menschen. Mir ist nach einem festen Zuhause, wo ich in Ruhe im kühlen Schatten arbeiten kann. Da ich keine überteuerte Unterkunft zahlen will und kann, scheint mir Haussitting eine gute Lösung zu sein.

Was ist Haussitting?

Das Prinzip ist simpel: Du hütest ein Haus, meistens mit Haustieren, während die Besitzer in den Ferien oder aus anderen Gründen abwesend sind.

Der Vorteil von Haussitting ist, dass du kostenlos an einem Ort deiner Wahl leben kannst, sei es im Ausland oder auch direkt in deiner Nachbarschaft.

Wie findest du Häuser zum Hüten?

Es gibt Plattformen, die auf Haussitting spezialisiert sind. Sie vermitteln Haussitter und Besitzer.

Ich bin auf der Plattform Trusted Housesitters* angemeldet (130 Euro Jahresgebühr). Täglich erhalte ich eine E-Mail von der Plattform, die mir die neusten Haussitting Möglichkeiten weltweit anzeigt.

Weil diese Plätze gefragt sind, lohnt es sich, rasch zu reagieren, wenn ein Platz interessant erscheint.

Du nimmst Kontakt auf mit den Besitzern des Orts, der dich interessiert, und mit etwas Glück und Geschick kriegst du deinen Platz fürs Haussitting.

1 Hund und 3 Katzen in der Toskana

Da ich Anfängerin bin, klappt es nicht sofort mit einem Platz. Je mehr Erfahrungen und gute Bewertungen jemand hat, desto grösser ist die Chance auf einen Platz. Wie überall.

Ich bewerbe mich auf 4 Haussits, bevor ich meine erste Chance bekomme: 1 Hund und 3 Katzen in einem Dorf im Chianti-Gebiet in der Toskana hüten.

Auf meinem Profil ist ersichtlich, dass ich Erfahrungen mit Katzen habe. Von Hunden sage ich keinen Ton, weil ich komplett unerfahren bin. Umso mehr überrascht es mich, dass ich als Anfängerin diesen Haussit bekomme.

Die Besitzerin sagt, dass sie mich gewählt hat, weil ich bereits in Italien unterwegs bin, während andere Bewerber aus Australien oder England angereist wären.

Manchmal ists einfach Glück.

Meine erste Erfahrung mit Haussitting

Ich reise einen Tag vor der Abreise der Besitzer an. So haben wir genug Zeit für die Übergabe. Das scheint üblich zu sein.

Wir machen einen gemeinsamen Spaziergang mit dem Hund, so dass ich eine Idee habe, welche Wege geeignet sind. Der Hund ist ein Mischling aus Labrador und Border Collie – er braucht also viel Auslauf und Bewegung. So lerne ich, wie ich mit ihm spielen kann, damit er seine Renn-Einlage kriegt.

Alles ist bestens vorbereitet, das Futter für die Tiere steht bereit, ich weiss, was ich zu tun habe, als die Besitzer abreisen.

Hier sind meine 4 Mitbewohner für die nächsten 10 Tage:

Housesitting in Italien

Housesitting in Italien

Housesitting in Italien

Housesitting in Italien

Verstörter Hund und Tiere im Bett

Die Tiere kriegen natürlich mit, dass ihre Herrchen abreisen und sind erst mal leicht verstört.

Ganz arg nimmts den Hund mit. Am ersten Tag liegt er bewegungslos herum und guckt mich mit Hundeaugen an. Ich fühle mich total schuldig und verantwortlich für sein Elend, was unser Verhältnis auch nicht unbedingt verbessert.

Zum Fressen oder Wassertrinken kann ich das gute Tier nicht bewegen. Immerhin kommt er mit auf die Spaziergänge, das belebt ihn etwas.

Da ich in einer Einzimmerwohnung hüte, schlafe ich im gleichen Raum wie die Tiere. Ums genau zu nehmen, sind sich die Tiere gewöhnt, im Bett ihrer Besitzer zu schlafen. Das ist nicht ganz, was ich mir vorstelle, deswegen schlafe ich auf der Gästematratze und überlasse den Vierbeinern ihren gewohnten Schlafplatz. Nachts ist ein reges Treiben in der Wohnung. An entspanntes Schlafen ist nicht zu denken.

Der Beginn einer grossen Freundschaft

Auf dem fünften Spaziergang erobere ich das Herz des Hundes. Ab da frisst er wieder und freut sich mit zünftigem Schwanzwedeln jedes Mal, wenn ich den Raum betrete.

Und dann passiert etwas, womit ich überhaupt nicht gerechnet habe: ich freunde mich richtig gut mit dem Hund an. Mit den Katzen sowieso, das fällt mir leicht. Aber mit einem Hund…? Das ist eine grosse Überraschung.

Wir machen lange Spaziergänge, entwickeln unsere eigenen Spiele, haben beide Spass daran.

Es ist natürlich auch schön, in dieser toskanischen Landschaft unterwegs zu sein.

Housesitting in Italien

Housesitting in Italien

Auch der Ort, an dem ich gelandet bin, gefällt mir:

Haussitting in Italien

Haussitting in Italien

Haussitting im Chianti-Gebiet, Toskana

Was nicht so gut läuft

Machte ich mir vor dem Haussitting ziemliche Sorgen, wie ich mit dem Hund klarkommen würde, habe ich vor Ort ein ganz anderes Problem: mir ist überhaupt nicht wohl in der Wohnung.

Ich hatte mir vorgestellt, dass ich gemütlich mit den Tieren zuhause sitzen und ganz viel arbeiten würde. Deswegen klärte ich auch im Vorfeld genau ab, ob ein schnelles, stabiles WLAN vorhanden wäre. Das ist in der Tat da, funktioniert einwandfrei. Aber in dieser dunklen Wohnung ist mir so unwohl, dass ich nur raus will.

Ebenfalls unterschätzt habe ich, wie eingeschränkt man mit einem Hund ist.

  • Mit Hund in den Supermarkt? Eher nicht.
  • Mit Hund in die Bar zum Arbeiten? Ja, aber immer schön aufpassen, wenn ein anderer Hund vorbeiläuft. Und: was tue ich, wenn ich aufs Klo muss? Hund mitnehmen…?
  • Mit Hund in den öffentlichen Verkehrsmitteln die Gegend erkunden? Das geht vermutlich gut, wenn man das Tier kennt. Aber ob man einen Hund in einen öffentlichen Bus in Italien mitnehmen darf, das weiss ich nicht – und klärs nicht ab, weils mir zu heikel ist.

So bleibt mein Bewegungsradius extrem eng. Ich befinde mich während den 10 Tagen Haussitting praktisch immer am gleichen Ort. Ich mags etwas dynamischer.

Fazit

Insgesamt ist mein erstes Haussitting eine grandiose Erfahrung, ganz besonders des Hundes wegen. Ich würde auf jeden Fall wieder einen Haussit annehmen, weil es eine vorzügliche Möglichkeit ist, einen Ort besser kennenzulernen.

Allerdings würde ich nächstes Mal besser abklären, in was für einer Wohnung ich leben werde, denn meine ursprüngliche Absicht, eine Weile ein Zuhausegefühl zum ruhigen Arbeiten zu haben, ist in diesem ersten Versuch komplett daneben gegangen.

Ist die Kombination aus Reisefreude und Tierliebe gegeben, kann ich dir Haussitting sehr empfehlen.

Wenns dich interessiert, kannst du dich auf der Plattform von Trusted Housesitters* umschauen. Haussits suchen kannst du auch ohne angemeldet zu sein. Vielleicht reizt dich Costa Rica oder Singapur oder Berlin – oder eben die Toskana?

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* Dies ist ein Affiliate-Link: wenn du dich bei Trusted Housesitters anmeldest, bekomme ich eine kleine Provision. Du bezahlst aber nicht mehr dafür. Und sei dir sicher, dass ich die Plattform nur empfehle, weil ich gute Erfahrungen gemacht habe und sie richtig nützlich finde.